FG Köln, Urteil vom 28.9.2011 - 5 K 4480/07 (rkr.)

Der Kl. ist US-amerikanischer Staatsbürger und im Juni 2003 nach Deutschland gezogen. Er ist seit 1996 mit seiner Frau verheiratet, die im Jahr 1995 von Deutschland in die USA ausgewandert ist. Die Frau ist Eigentümerin eines Einfamilienhauses im Staat New York, das nach wie vor von den Eheleuten bewohnt wird. Die Eheleute haben zwei gemeinsame Kinder, die beide in den USA geboren sind. In Deutschland bewohnt der Kl. zusammen mit seiner Familie ebenfalls ein Einfamilienhaus. Der ältere der beiden Söhne besuchte im Streitjahr eine internationale Schule, der andere ging noch in den Kindergarten.

Im Streitjahr war der Kl. für die Firmen seines Schwiegervaters (A und B) im Inland nichtselbständig tätig. Darüber hinaus war der Kl. im Streitjahr in den USA Alleingesellschafter der Firmen X Inc. und Y Inc. und zugleich Präsident bzw. Vizepräsident dieser Gesellschaften. Beide Gesellschaften haben in den USA nach Subchapter S (§§ 1361 bis 1378) des IRC für die Besteuerung als sog. S-Corporation optiert und sind mithin in den USA nicht körperschaftsteuerpflichtig. Mit der amerikanischen Steuererklärung erklärte der Kl. als „part-year resident“ Einkünfte aus den S-Corporations von 301 143 US-$. Aus den Unternehmen bezog der Kl. darüber hinaus Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit von 125 654 US-$.

Für das Streitjahr führte der Bekl. antragsgemäß eine getrennte Einkommensteuerveranlagung durch. Mit dem Einkommensteuerbescheid vom 28. 3. 2006 vertrat er die Auffassung, der Kl. habe seinen Lebensmittelpunkt im Inland. Dementsprechend gelte er nach Art. 4 Abs. 2 Buchst. a DBA-USA im Inland als ansässig. Mithin unterwarf er den Arbeitslohn des Kl. aus den USA i. H. von umgerechnet 100 522 € dem Progressionsvorbehalt. Ferner behandelte er die vom Kl. erzielten „Ausschüttungen“ aus seinen amerikanischen Gesellschaften (S-Corporations) i. H. von umgerechnet 250 959 € als steuerpflichtige Kapitalerträge, da für ausländische Kapitalerträge dem Ansässigkeitsstaat das Besteuerungsrecht zustehe.

Hiergegen wendete sich der Kl. mit dem Einspruch vom 30. 3. 2006. Er machte geltend, dass er sowohl mit dem auf die USA entfallenden Arbeitslohn als auch mit den in der amerikanischen Steuerklärung ausgewiesenen Erträgen aus den S-Corporations in Deutschland nur mit dem Progressionsvorbehalt der Besteuerung unterliege. Denn nach dem Protokoll Nr. 2 zu Art. 4 Abs. 1 DBA-USA gelte er als in den USA ansässig. Er habe in den USA eine ständige Wohnstätte und halte sich dort zumindest zeitweilig auf. Dies gelte auch für seine Ehefrau, die Inhaberin einer Greencard sei.

Mit Einspruchsentscheidung vom 9. 11. 2007 wies der Bekl. den Einspruch des Kl. als unbegründet zurück. Er hielt daran fest, dass der Kl. als im Inland ansässig zu behandeln sei. Da der Kl. sowohl in den USA als auch im Inland über eine ständige Wohnstätte verfüge, gelte für die Bestimmung der Ansässigkeit nicht Art. 4 Abs. 1, sondern Art. 4 Abs. 2 DBA-USA. Mithin bestimme sich die Ansässigkeit nach dem Mittelpunkt der Lebensinteressen. Der Mittelpunkt der Lebensinteressen habe im Streitjahr in Deutschland gelegen. Denn in Deutschland habe der Kl. zusammen mit seiner Ehefrau und seinen Kindern einen gemeinsamen Wohnsitz unterhalten und dort auch gearbeitet. Im Übrigen habe der Kl. trotz Aufforderung nicht dargelegt, wo sich seiner Auffassung nach der Mittelpunkt der Lebensinteressen befunden haben soll. Dies gehe zu Lasten des Kl.; denn für die begehrte Steuerermäßigung trage er die objektive Feststellungslast.

Mit der vorliegenden Klage verfolgt der Kl. sein Begehren weiter. Zur Begründung trägt er im Wesentlichen Folgendes vor: Für Zwecke der Anwendung des DBA-USA gelte er, der Kl., als in den USA ansässig. Insoweit sei zu berücksichtigen, dass er gebürtiger US-Amerikaner sei. Er sei in den USA aufgewachsen und dort zur Schule gegangen. Seine Berufsausbildung habe er bei amerikanischen Unternehmen absolviert. Heute sei er Präsident bzw. Vizepräsident von zwei amerikanischen Unternehmen. Seine Eltern und seine beiden Schwestern lebten ebenfalls in den USA. Dort befinde sich auch sein Freundeskreis. Ferner habe er mit seiner Ehefrau in den letzten 11 Jahren vor dem Zuzug nach Deutschland in den USA gelebt. Nicht nur sein berufliches Engagement erfordere daher seinen regelmäßigen Aufenthalt in den USA. Allerdings habe er im Streitjahr – seiner Erinnerung nach – mehr Tage in Deutschland als in den USA verbracht. Nach wie vor habe er jedoch ein amerikanisches iTunes-Konto in einem amerikanischen Store. Ebenfalls verfüge er nach wie vor über Konten und Kreditkarten bei mehreren amerikanischen Banken. Ferner sei er Mitglied im Tennisclub, Beachclub und Segelclub in Connecticut am Long Island Sound. Auch habe er in den USA einen Pkw mit EZ-Pass für die elektronische Abbuchung der Autobahn- und Brückengebühren. Soweit es die Schulferien erlaubten, halte er sich mit seiner Familie regelmäßig in den USA auf. Der Lebensmittelpunkt liege mithin nach wie vor in den USA. Dies komme auch in der vorgelegten amerikanischen Steuererklärung als „part-year resident“ zum Ausdruck. Denn diese setze den Nachweis eines Aufenthalts in den USA von zumindest 60 Tagen im Kalenderjahr voraus. Es komme hinzu, dass er, der Kl., in den USA über Firmeneigentum verfüge, dass nach überschlägiger Wertermittlung bei rund 15 Mio. US-$ liegen dürfte. Demgegenüber verfüge er in Deutschland über keinerlei Firmeneigentum. Deshalb sei er gemäß Art. 4 Abs. 2 Buchst. c DBA-USA i. V. m. dem Protokoll Nr. 2 zu Art. 4 Abs. 1 DBA-USA als nur in den USA ansässig zu behandeln. Mithin seien die streitigen Einkünfte nur dem Progressionsvorbehalt zu unterwerfen.

Selbst wenn man mit dem Bekl. von einer Ansässigkeit in Deutschland ausgehen würde, wären die streitigen Einkünfte aus den S-Corporations nur im Rahmen des Progressionsvorbehalts der Besteuerung zu unterwerfen. Bei den Einkünften aus den S-Corporations handele es sich um gewerbliche Gewinne i. S. des Art. 7 DBA-USA. Diese seien nach Art. 23 Abs. 2 Buchst. b DBA-USA von der Besteuerung in Deutschland auszunehmen und lediglich dem Progressionsvorbehalt zu unterwerfen. Für die Einkünfte aus den S-Corporations habe er, der Kl., auf die transparente Besteuerung als Personengesellschaft optiert. Dementsprechend würden die beiden S-Corporations in den USA steuerlich nicht als Kapitalgesellschaften, sondern als Personengesellschaften behandelt. Im Rahmen der amerikanischen Steuererklärung habe er folglich die Einkünfte aus den S-Corporations auch als gewerbliche Gewinne deklariert und versteuert. Für die vergleichbaren Gebilde der Limited Liability Company (LLC) habe das BMF mit Schreiben vom 19. 3. 2004, IV B 4-S- 1301 USA-22/04, bei fehlender Option als Kapitalgesellschaft die Einordnung als Personengesellschaft sowie auch als Betriebsstätte des einzigen Gesellschafters bestätigt. Mithin erzielten im Inland ansässige Gesellschafter gewerbliche Gewinne (Unternehmenseinkünfte i. S. des Art. 7 DBA-USA). Nichts anderes könne vorliegend für die Einkünfte aus den S-Corporations gelten. Es komme hinzu, dass der BFH einer S-Corporation mit transparenter Besteuerung einerseits den DBA-Abkommensschutz gewähre und andererseits das Schachtelprivileg versage. Daraus ergebe sich zwingend, dass eine S-Corporation, die nach amerikanischem Recht zur transparenten Besteuerung als Personengesellschaft optiert habe und deren Einkünfte beim amerikanischen Gesellschafter versteuert würden, auch in Deutschland als transparent behandelt werden müsse. Die Einkünfte aus einer solchen S-Corporation seien mithin mit Einkünften einer Personengesellschaft gleich zu stellen und dürften nur mit dem Progressionsvorbehalt der Besteuerung unterliegen. Soweit sich der Bekl. demgegenüber auf Art. 21 Abs. 1 DBA-USA stütze, könne dem nicht gefolgt werden. Der Bekl. übersehe offensichtlich Abs. 2 der Vorschrift. Danach sei das Besteuerungsrecht für in den USA gelegene Betriebsstätten auch für Einkünfte, die grundsätzlich solche des Abs. 1 seien, wieder ausgeschlossen. Ebenso wenig komme die vom Berichterstatter und Bekl. zur Erledigung des Rechtsstreits vorgeschlagene Billigkeitsmaßnahme auf der Grundlage der Verfügung der OFD Chemnitz vom 31. 3. 2003, S 1301-222/St 22 in Betracht. Abgesehen davon, dass die Verfügung für Nordrhein-Westfalen nicht bindend sei, stehe der Anwendung der Verfügung entgegen, dass vorliegend keine Gewinne ausgeschüttet worden seien. Bei den streitigen Einkünften aus den S-Corporations, die mit der amerikanischen Steuererklärung erklärt worden seien, handele es sich um Bruttogewinne. Zum weiteren Nachweis verweist der Kl. insoweit auf die vorgelegten Bilanzen der Firmen X Inc. und Y Inc.

In der mündlichen Verhandlung sind die Beteiligten darauf hingewiesen worden, dass es möglicherweise am erforderlichen Zufluss der „Ausschüttungen“ für das Streitjahr fehlt.

Daraufhin beantragt der Kl., (…) die Einkünfte des Kl. aus den S-Corporations aus der Besteuerung herauszunehmen, hilfsweise dem Progressionsvorbehalt zu unterwerfen.

Der Bekl. beantragt, die Klage abzuweisen.

Der Bekl. verweist zur Begründung vollinhaltlich auf seine Ausführungen in der angefochtenen Einspruchsentscheidung. Ergänzend führt er aus, dass unter Berücksichtigung aller Umstände im Streitfall nach wie vor nicht davon ausgegangen werden könne, der Kl. habe den Mittelpunkt seiner Lebensinteressen im Streitjahr in den USA gehabt. Der Kl. habe selbst eingeräumt, dass er sich im Streitjahr öfter im Inland als in den USA aufgehalten habe. Welche persönliche Verbundenheit mit Deutschland bestehe, habe der Kl. im Einzelnen nicht dargestellt. Vielmehr habe er lediglich Umstände vorgetragen, die seiner Meinung nach für eine Verbundenheit zu den USA sprechen würden. Im Übrigen verbleibt der Bekl. dabei, dass es sich bei den streitigen Einkünften aus den S-Corporations um Einkünfte aus Kapitalvermögen handele, bei denen es sich abkommensrechtlich um Ausschüttungen i. S. des Art. 21 Abs. 1 DBA-USA handele. Insoweit verweist er auf die Ausführungen unter Textziffer 4.1.4.2 im BMF-Schreiben vom 16. 4. 2010, IV B 2-S 1300/09/10003. Das BMF-Schreiben berücksichtige auch die jüngere BFH-Rechtsprechung zu den S-Corporations. Danach ändere die Ausübung des steuerlichen Wahlrechts im Quellenstaat als Personengesellschaft aus deutscher Sicht nichts an der Einordnung als juristische Person. Schließlich sei auch nichts dafür ersichtlich, aus welchen Gründen die bereits angeführte Billigkeitsregelung, wonach die Ausschüttungen um 35 % gemindert werden könnten, auf Nordrhein-Westfalen keine Anwendung finden sollte.

Die Klage ist begründet.

Der Bekl. hat die Gewinnanteile des Kl. aus den S-Corporations zu Unrecht gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG der inländischen Besteuerung unterworfen.

Der Kl. war im Streitjahr nach § 1 Abs. 1 Satz 1 EStG unbeschränkt steuerpflichtig, da er – zwischen den Beteiligten nicht weiter streitig – im Inland einen Wohnsitz (§ 8 AO) inne hatte. Dass der Kl. seinen (bisherigen) Wohnsitz in den USA nach seinem Vorbringen beibehalten hat, hindert die Möglichkeit der Zuordnung eines inländischen Wohnsitzes nicht (BFH v. 28. 1. 2004, I R 56/02, IStR 2004, 497). Ebenso stellt es kein Hindernis dar, dass der Kl. nach Maßgabe des Art. 4 Abs. 2 Buchst. a DBA-USA möglicherweise wegen eines dortigen Mittelpunkts der Lebensinteressen als in den USA ansässig galt. Denn der doppelbesteuerungsrechtliche Begriff der Ansässigkeit ist allein auf die Anwendung des DBA beschränkt (vgl. BFH v. 7. 3. 2007, I R 17/06, BFH/NV 2007, 1638). Als unbeschränkt Steuerpflichtiger unterlag der Kl. im Streitjahr grundsätzlich mit seinem Welteinkommen der inländischen Besteuerung. Hierunter fallen grundsätzlich auch Ausschüttungen (Dividenden) aus in- und ausländischen Kapitalgesellschaften nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG.

Bei den beiden S-Corporations handelt es sich auch um Körperschaften i. S. des § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG.

Für die Frage, ob es sich bei den S-Corporations im Streitfall um Kapitalgesellschaften oder aber Personengesellschaften handelt, ist auf die deutsche Rechtsordnung abzustellen (BFH v. 20. 8. 2008, I R 39/07, BStBI II 2009, 234). Es ist ein sog. Typenvergleich vorzunehmen. Entscheidend ist, ob die ausländische Gesellschaft einer deutschen Körperschaft oder Personengesellschaft wirtschaftlich gleichwertig ist, d. h. ob die ausländische Gesellschaft eine körperschaftsteuerliche Struktur aufweist.

Das US-Steuerrecht räumt bestimmten Corporations die Möglichkeit ein, für eine Besteuerung auf der Ebene der Gesellschafter zu optieren. Voraussetzung hierfür ist, dass die Corporation nicht mehr als 75 Anteilseigner hat, kein Gesellschafter ein nicht in den USA ansässiger Ausländer ist und die Gesellschafter allesamt in den USA der unbeschränkten Steuerpflicht unterliegen. Unter diesen Voraussetzungen besteht die Möglichkeit, einen Antrag auf Besteuerung als S-Corporation gemäß § 1361 IRC zu stellen. Vorliegend ist der Kl. alleiniger Gesellschafter beider Gesellschaften. Ferner ist er Staatsbürger der USA und dort auch als „part-year resident“ steuerpflichtig. Schließlich haben beide Gesellschaften von der Möglichkeit der Option nach § 1361 IRC Gebrauch gemacht. Dies ist zwischen den Beteiligten nicht weiter streitig und ergibt sich im Übrigen ohne Weiteres aus der vom Kl. für das Streitjahr vorgelegten amerikanischen Steuererklärung. Dort sind die Gewinne aus den beiden Corporations unter der Zeile 11 als Gewinne aus S-Corporations erklärt. Für die X ergibt sich dies zusätzlich aus dem vom Kl. vorgelegten Geschäftsbericht für das Wirtschaftsjahr 2004. Dort ist ausdrücklich festgehalten, dass die X eine S-Corporation des Bundesstaates New York ist.

Der vorzunehmende Typenvergleich ergibt, dass die S-Corporations körperschaftsteuerliche Strukturen aufweisen. Die S-Corporations sind rechtsfähig und körperschaftsteuerlich organisiert. Ihre Anteilseigner haften nicht persönlich. Die Ausübung des steuerlichen Wahlrechts, in den USA als S-Corporation nicht der Körperschaftsteuer zu unterliegen, ändert nichts daran, dass es sich zivilrechtlich um Aktiengesellschaften handelt. Die körperschaftsteuerliche Struktur wird auch durch den Umstand bestätigt, dass der Kl. als Präsident bzw. Vizepräsident im Streitjahr Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit aus beiden Gesellschaften bezogen hat. Die Qualifizierung sog. S-Corporations als juristische Personen wird auch vom BFH geteilt (BFH v. 20. 8. 2008, I R 39/07, a. a. O.).

Als Einkünfte aus Kapitalvermögen unterliegen die Gewinnanteile jedoch nur dann der inländischen Besteuerung, wenn die Voraussetzungen des § 11 EStG (Zufluss) vorliegen. An diesem Zufluss scheitert es im Streitfall.

Nach § 11 Abs. 1 Satz 1 EStG sind Einnahmen innerhalb des Kalenderjahres bezogen, in dem sie dem Steuerpflichtigen zugeflossen sind. Maßgeblich ist dabei in Zweifelsfällen der Zeitpunkt, in dem der Steuerpflichtige die wirtschaftliche Verfügungsmacht über seine Einnahmen erlangt (vgl. Schmidt/Drenseck, EStG-Kommentar, 30. Aufl., § 11 Rz. 12). Ein solcher Zufluss hat im Streitfall jedoch nicht vorgelegen. Der Kl. hat in diesem Zusammenhang unwidersprochen vorgetragen, bei den mit der amerikanischen Steuererklärung erklärten Gewinnen aus den S-Corporations i. H. von 301 143 US-$ handele es sich um die Bruttogewinne der Gesellschaften und nicht um entsprechende Ausschüttungen. Dies hat der Kl. belegt durch die Vorlage der Gewinnermittlungsunterlagen für die beiden Gesellschaften betreffend das Wirtschaftsjahr 2004. Der Gewinn des Wirtschaftsjahres 2004 kann frühestens jedoch im Folgejahr ausgeschüttet worden sein. Im Übrigen sollen nach dem Vorbringen des Kl. in der mündlichen Verhandlung die Gewinnanteile bis heute nicht ausgeschüttet worden sein.

Ein Zufluss ergibt sich auch nicht aus dem Umstand, dass der Kl. als alleiniger Anteilseigner als sog. beherrschender Gesellschafter beider Körperschaften anzusehen ist. Zwar wird ein Zufluss von Gewinnanteilen beim beherrschenden Gesellschafter in der Regel bereits nach Jahresabschlussfeststellung und Gewinnverwendungsbeschluss angenommen (BFH v. 8. 5. 2007, VIII R 13/06, BFH/NV 2007, 2249, BeckRS 2007, 25012384). Der Jahresabschluss kann jedoch nicht vor Ablauf des Wirtschaftsjahres erstellt werden.

Dies gilt ebenfalls für den Gewinnverwendungsbeschluss. Mithin können die streitigen Gewinnanteile dem Kl. auch nicht unter dem Gesichtspunkt eines beherrschenden Gesellschafters bereits im Streitjahr als zugeflossen gelten.

Dem kann der Bekl. nicht mit Erfolg entgegen halten, die Gewinnanteile aus den S-Corporations seien als Ausschüttungen i. S. des § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG zu behandeln, ohne dass es darauf ankäme, ob es tatsächlich zu einer Gewinnausschüttung gekommen sei. Es kann dahinstehen, ob die vom Bekl. insoweit herangezogene Verfügung der OFD Chemnitz vom 31. 3. 2003, S 1301-222/2 – St 22, überhaupt den hier vorliegenden Fall noch nicht ausgeschütteter Gewinnanteile aus S‐Corporations regelt. Die Rechtsauffassung steht jedenfalls mit der Besteuerung von Kapitalerträgen i. S. des § 20 Abs. 1 EStG nicht im Einklang, weil die Besteuerung von Kapitalerträgen grundsätzlich deren Zufluss voraussetzt. Im Übrigen ist es inkonsequent vom Bekl., nur für den Besteuerungszeitpunkt die transparente Besteuerung der Gewinnanteile in den USA zu übernehmen.

Fehlt es mithin am Zufluss der Gewinnanteile, so kommt eine Besteuerung nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 i. V. m. § 11 EStG nicht in Betracht (vgl. ebenso Djanani, Brähler und Hartmann in IStR 2003, 456). Die zwischen den Beteiligten streitige Frage, ob die Gewinnanteile des Kl. aus den S-Corporations im Inland der vollen Besteuerung unterliegen oder aber nur im Rahmen des Progressionsvorbehalts zu berücksichtigen sind, stellt sich danach erst in dem Jahr, in dem die Gewinnanteile tatsächlich an den Kl. ausgeschüttet werden.

Der angefochtene Einkommensteuerbescheid ist rechtswidrig und verletzt den Kl. in seinen Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO). Die Einkommensteuer für das Streitjahr ist unter Minderung der Einkünfte aus Kapitalvermögen i. H. von 250 959 € neu festzusetzen. Die Neuberechnung wird dem Bekl. gemäß § 100 Abs. 2 Satz 2 FGO aufgegeben.