FG Bremen URTEIL vom 10.02.2011 - 1 K 28/10(5) (rkr.)

Streitig ist die Besteuerung von Einkünften aus nichtselbständiger Tätigkeit für eine in den USA ausgeübte Tätigkeit.

Die Kläger sind verheiratet und wurden im Streitjahr zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Sie hatten ihren Wohnsitz im Streitjahr in …. Der Kläger war im Streitjahr bei der Firma X-GmbH angestellt und bezog aus dem Arbeitsverhältnis Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit.

In einer Anlage zur Anlage N gab er an, im Jahre 2007 insgesamt EUR … als Arbeitslohn erhalten zu haben. Darin enthalten seien steuerpflichtige Mehrverpflegungsaufwendungen in Höhe von EUR …, so dass EUR … Arbeitslohn verblieben. Bei Ansatz von 222 Arbeitstagen pro Jahr entfalle auf jeden Tag ein Arbeitslohn von EUR …. Bei 178 Tagen in den USA entfielen EUR … auf die USA. Es verblieben EUR … als Arbeitslohn, den der Kläger in der Anlage N als Bruttoarbeitslohn in der Zeile 6 eintrug. Als steuerfreien Arbeitslohn gab er EUR … an. Die gezahlte Lohnsteuer gab er mit EUR … an.

In einem Begleitschreiben zu seiner Einkommensteuererklärung 2007 vom 22. Februar 2008 führte er aus, dass er im Jahr 2007 von seiner Firma dreimal in die USA geschickt worden sei. Er habe in den USA im Auftrag seines Arbeitgebers für die European Space Agency (nachfolgend ESA) als Ingenieur bei der NASA gearbeitet. Sein Gehalt habe er weiter von seinem Arbeitgeber erhalten und auch in … versteuert. Sein Aufenthalt in den USA habe 250 Tage betragen. Er habe in den Vereinigten Staaten mit einem G-4 Visum gearbeitet. Dieses werde für die Arbeit bei internationalen Organisationen erteilt, in seinem Fall der ESA. Der Arbeitslohn für eine Tätigkeit im Ausland könne nach einem DBA in Deutschland steuerfrei sein und werde lediglich in den Progressionsvorbehalt einbezogen, wenn der Auslandsaufenthalt mehr als 183 Tage dauere. Die Freistellung nach einem DBA sei von einem Verzicht des Staates, der nach dem Abkommen das Besteuerungsrecht habe, abhängig.

Der Steuererklärung beigefügt war ein Schreiben vom 10. Juli 2007 von Frau Y, …, Florida, USA. Der Kläger gab dazu an, dass es sich bei Frau Y um eine öffentlich konzessionierte Steuerprüferin handele. In dem Schreiben ist u. a. ausgeführt:

"You are currently working in the U.S. with a type G-4 visa, which means you are an employee at an international organization. If you work for an international organization in the U.S. and you are not a U.S. citizen, your salary from that organization is exempt from U.S. tax."

Ferner war der Steuererklärung die Fotokopie eines in … ausgestellten US-Visums vom … vom Typ "O G4" im Reisepass des Klägers beigefügt.

Mit Schreiben vom 3. Juli 2008 gaben die damaligen steuerlichen Berater des Klägers an, dass er sich im Streitjahr insgesamt 251 Tage in den USA aufgehalten habe und legten zum Nachweis Reisekostennachweise gegenüber dem Arbeitgeber vor. Ferner legten sie eine Kopie einer "Application for NON EMIGRANT Visa (B-1)" der Z-GmbH vom 31. März 2006 vor. Die Ausstellung des G4-Visums erkläre bereits den Verzicht auf die Besteuerung. Der Kläger habe eine steuerpflichtige Erstattung der Reisekosten in Höhe von EUR … erhalten. Er habe in den USA 178 Tage gearbeitet, so dass EUR … dem Progressionsvorbehalt unterlägen.

Der Kläger führte ergänzend aus, dass für ihn zunächst ein B1/B2 Visum beantragt worden sei. Da er mit diesem Visum nicht länger als 90 Tage im Lande hätte bleiben dürfen, sei es im November 2006 in ein G4 Visum durch die ESA umgewandelt worden.

Am 22. August 2008 teilte der Beklagte dem Kläger mit, dass eine Freistellung des auf die Tätigkeit in den USA entfallenden Arbeitslohns nicht erfolgen könne. Gemäß Art. 23 Abs. 4b) DBA USA in der Fassung ab dem 1. Januar 2007 könne nur die Anrechnungsmethode angewandt werden, wenn die USA auf Grund innerstaatlichen Rechts die Einkünfte nicht besteuerten.

Im Einkommensteuerbescheid 2007 vom 23. Oktober 2008 legte der Beklagte der Besteuerung einen Bruttoarbeitslohn in Höhe von EUR … zu Grunde und lehnte die vom Kläger begehrte Freistellung ab.

Am 5. November 2008 legten die Kläger gegen den ESt-Bescheid vom 23. Oktober 2008 Einspruch ein und begründeten diesen am 6. Februar 2009.

Gemäß Art. 15 Abs. 1 DBA USA stehe das Besteuerungsrecht grundsätzlich dem Ansässigkeitsstaat, in diesem Falle Deutschland, zu, sofern die betreffende Tätigkeit nicht in dem anderen Vertragsstaat, in diesem Falle den USA, ausgeübt werde. Danach hätten die USA das Besteuerungsrecht gehabt. Die Rückfallklausel des Art. 15 Abs. 2 DBA USA komme nicht zur Anwendung, da ihre Voraussetzungen nicht vorlägen. Die Vermeidung der Doppelbesteuerung der Einkünfte aus unselbständiger Arbeit im Sinne des Art. 15 DBA USA erfolge nach Art. 23 Abs. 3 a DBA USA durch Freistellung von der Bemessungsgrundlage der deutschen Steuer. Ausnahmen hiervon seien in Art. 23 Abs. 4 DBA USA bestimmt. Die Vorschrift des Art. 23 Abs. 4b) DBA USA finde jedoch keine Anwendung. Daher sei der betreffende Arbeitslohn von der Besteuerung freizustellen. Der Schutz des Abkommens könne auch nicht durch § 50d Abs. 8 und 9 EStG eingeschränkt werden. Gemäß § 2 AO hätten völkerrechtliche Vereinbarungen Vorrang vor § 50d Abs. 8 EStG. Inhaber eines G4-Visums, wie es dem Kläger erteilt worden sei, seien in den USA von der Einkommensteuer befreit. Es reiche aus, wenn ein im ausländischen Quellenstaat ansässiger Steuerberater bestätige, dass die Einkünfte des Steuerpflichtigen von der Einkommensteuer befreit seien. Eine solche Bestätigung liege dem Beklagten vor. Die Steuerfreiheit ergebe sich aus dem Internal Revenue Code (IRC) Sec. 893a. Zwar habe der Kläger sein Gehalt weiter von seinem Arbeitgeber erhalten, er sei aber in den Arbeitsprozess der ESA eingegliedert gewesen. Maßgeblich sei, wer wirtschaftlicher Arbeitgeber des Klägers gewesen sei.

Nach einem Vermerk der Bearbeiterin in der Rechtsbehelfsstelle des Beklagten vom 16. Februar 2009 über ein Telefonat mit dem Personalbüro der X-GmbH wurde der Kläger auf Dienstreisebasis in die USA geschickt. Ein Entsendevertrag sei nicht geschlossen worden.

Die Einkommensteuerfestsetzung wurde wegen mit diesem Verfahren nicht im Zusammenhang stehender Punkte mit Änderungsbescheid vom 19. März 2010 geändert.

Mit Einspruchsentscheidung vom 22. März 2010 wurde der Einspruch als unbegründet zurückgewiesen. Zur Begründung wird ausgeführt, dass der Kläger nicht in den USA von der Steuer befreit gewesen sei. Aus der Inhaberschaft eines G4-Visums folge keine Steuerbefreiung. Diese müsse immer auf einer entsprechenden völkerrechtlichen Rechtsgrundlage beruhen. Sie könne auch nicht aus dem Übereinkommen über die Vorrechte und Immunitäten der Europäischen Weltraumorganisation (ESA) hergeleitet werden. Der Kläger sein kein Mitglied des Personals der ESA gewesen. Er sei vielmehr Angestellter der Firma X-GmbH gewesen und habe von dieser sein Gehalt bezogen.

Mit ihrer am 26. April 2010 erhobenen Klage verfolgen die Kläger ihr Begehren weiter.

Zur Begründung führen sie aus, dass der Kläger durch seine Abordnung Arbeitnehmer der ESA geworden sei. Unabhängig davon, dass sein Gehalt weiterhin durch seinen vertraglichen Arbeitgeber X-GmbH gezahlt worden sei, komme es im bilateralen internationalen Steuerrecht und so auch bei der Anwendung von Art. 15 DBA USA nicht auf die vertragliche Regelung, sondern auf den wirtschaftlichen Arbeitgeber an.

Der Bruttoarbeitslohn des Klägers müsse, soweit er auf seine Tätigkeit in den USA entfallen sei, gemäß Art. 15 Abs. 2 DBA USA dort besteuert werden, da er sich im Streitjahr an mehr als 183 Tagen körperlich dort aufgehalten habe. Für die Besteuerung in Deutschland bedeute dies, dass die Einkünfte gemäß Art. 23 Abs. 3 a) DBA USA von der Besteuerung unter Anwendung des Progressionsvorbehalts freizustellen seien. Der Verzicht auf das Besteuerungsrecht des Ansässigkeitsstaates nach Art. 23 Abs. 3 DBA-USA gehe weiter als nach dem Musterabkommen der OECD. Die Einschränkung gelte auch, wenn der Quellenstaat USA der Ansicht sei, er könne nach dem Abkommen bestimmte Einkünfte besteuern, aber nach dem innerstaatlichen Steuerrecht keine Steuer erhebe. Im Falle positiver Einkünfte obliege dem Finanzamt die Beweislast dafür, dass und aus welchem Grunde die Einkünfte im Quellenstaat nicht besteuert worden seien. Die Vermeidung der Doppelbesteuerung sei nicht nach Art. 23 Abs. 4 DBA-USA durch die Anrechnung der US-Einkommensteuer zu vollziehen, da der Tatbestand dieser Bestimmung nicht erfüllt sei.

Der Kläger habe eine Bescheinigung einer öffentlich konzessionierten Steuerprüferin vorgelegt, mit der die Steuerfreiheit der in den USA erzielten Einkünfte nach amerikanischem Steuerrecht bestätigt worden sei. Der Beklagte könne nicht auf der Grundlage des § 50d Abs. 8 EStG die von den USA in Sec 893 (a) IRC für Mitarbeiter internationaler Organisationen, die üblicherweise durch ein G-4 Visum qualifiziert würden, vorgesehene nationale Steuerfreistellung übergehen, wenn er der Auffassung sei, dass ein G-4 Visum zu Unrecht erteilt sei. Art und Umfang der nach § 50d Abs. 8 EStG zu erbringenden Nachweise seien nicht geregelt. Die USA hätten auf ihr Besteuerungsrecht auf Grund des G-4 Visums verzichtet. Es komme nicht darauf an, ob dieses Visum zu Recht erteilt worden sei. Dem Kläger sei dieser Verzicht durch die von ihm beauftragte Steuerberaterin bescheinigt worden. Das Visum stelle eine Art "Grundlagenbescheid" dar, der von den deutschen Finanzbehörden nicht missachtet werden dürfe.

Die Regelung des § 50d Abs. 8 EStG könne nur dann zur Anwendung kommen, wenn der Kläger die US-amerikanischen Finanzbehörden pflichtwidrig über seine Gehaltsbezüge in den USA in Unkenntnis gelassen habe. Die Vorschrift solle verhindern, dass abgeordnete Steuerpflichtige im Entsendestaat durch Ausnutzung fehlender Registrierung und somit eingeschränkter Kontrollmöglichkeiten Steuerhinterziehung betrieben. Die Vorschrift habe nicht den Zweck, nationale Steuerbefreiungen im Entsendestaat durch eine Besteuerung in Deutschland entgegen den bilateralen Vereinbarungen mit dem jeweiligen Entsendestaat auszuhebeln. Ferner ergebe sich aus § 2 AO ein Vorrang der DBA vor nationalen Sonderbestimmungen. Der Rückfall des Besteuerungsrechtes an den Ansässigkeitsstaat könne sich nur aus dem DBA selbst ergeben. Art. 23 Abs. 4 DBA USA regele dies abschließend. Jedenfalls trage der Beklagte die Feststellungslast für den vom Regelfall des Art. 15 DBA USA abweichenden steuerbegründenden Sachverhalt. Etwaige Zweifel an der vom Kläger vorgelegten Bescheinigung seiner Steuerberaterin fielen in die Feststellungslast des Beklagten.

Die Kläger beantragen,

den Einkommensteuerbescheid 2007 vom 23. Oktober 2008, in der Fassung des Änderungsbescheides vom 19. März 2010 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 22. März 2010 dahin zu ändern, dass die Einkünfte des Klägers aus nichtselbständiger Tätigkeit in Höhe von EUR … gemäß Art. 15 i.V.m. Art. 23 Abs. 3 DBA USA von der Besteuerung freigestellt werden.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er verweist auf seine Einspruchsentscheidung und führt weiter aus, dass die X-GmbH keine Tochtergesellschaft der ESA sei. Es handele sich um eine Tochtergesellschaft der A-GmbH. Bei der ESA handele es sich um eine eigenständige unabhängige Organisation, der 18 europäische Mitgliedstaaten angehörten. Die ESA sei auch nicht der wirtschaftliche Arbeitgeber des Klägers gewesen.

Ferner könne eine Steuerberaterin in den USA nicht rechtlich wirksam einen Besteuerungsverzicht der USA bescheinigen.

Die Akten des Beklagten (1 Bd. Einkommensteuerakten, 1 Bd. Sonderakten und 1 Bd. Sonderakten Rechtsbehelfsakten) haben vorgelegen. Ihr Inhalt ist, wie der Inhalt der Gerichtsakten Grundlage der mündlichen Verhandlung gewesen, soweit die Entscheidung darauf beruht. Insoweit wird auf den Inhalt der Akten ergänzend Bezug genommen.

Die Klage ist unbegründet.

Der Einkommensteuerbescheid 2007 vom 23. Oktober 2008 und die Einspruchsentscheidung vom 22. März 2010 sind rechtmäßig. Der Beklagte hat zu Recht das vom Kläger im Jahre 2007 bezogene Gehalt vollständig, d. h. einschließlich der für seine Tätigkeit in den Vereinigten Staaten bezogenen Einkünfte, der Einkommensbesteuerung unterworfen.

Der Kläger ist gemäß § 1 Abs. 1 Satz 1 EStG unbeschränkt einkommensteuerpflichtig. Denn er hat seinen Wohnsitz im Sinne von § 8 AO in Deutschland. Die Besteuerung der streitigen Einkünfte des Klägers in Deutschland wird nicht durch das Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den Vereinigten Staaten von Amerika zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Verhinderung der Steuerverkürzung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen und einiger anderer Steuern vom 29. August 1989 in der Fassung der Bekanntmachung vom 4. Juni 2008 (BGBl. II S. 611; berichtigt BGBl. II S. 851, nachfolgend zitiert als DBA USA) ausgeschlossen, da der Kläger nicht den ihm gemäß § 50d Abs. 8 Satz 1 EStG obliegenden Nachweis erbracht hat.

1. Die streitigen Einkünfte sind nach Art. 23 Abs. 3 a) DBA USA von der Bemessungsgrundlage der deutschen Steuer auszunehmen.

a) Die streitigen Einkünfte können gemäß Art. 15 Abs. 1 DBA USA in den Vereinigten Staaten besteuert werden.

In Art. 15 Abs. 1 DBA USA ist bestimmt:

"Vorbehaltlich der Artikel 16 (Aufsichtsrats- und Verwaltungsratsvergütungen), 17 (Künstler und Sportler), 18 (Ruhegehälter, Renten, Unterhaltszahlungen und Sozialversicherung), 19 (Öffentlicher Dienst) und 20 (Gastprofessoren und -lehrer; Studenten und Auszubildende) können Gehälter, Löhne und ähnliche Vergütungen, die eine in einem Vertragsstaat ansässige Person aus unselbständiger Arbeit bezieht, nur in diesem Staat besteuert werden, es sei denn, die Arbeit wird im anderen Vertragsstaat ausgeübt. Wird die Arbeit dort ausgeübt, so können die dafür bezogenen Vergütungen im anderen Staat besteuert werden."

Der Kläger hat für eine in den Vereinigten Staaten ausgeübte unselbständige Arbeit ein Gehalt bezogen.

b) Das Besteuerungsrecht der Vereinigten Staaten fällt nicht nach Art. 15 Abs. 2 DBA USA an die Bundesrepublik Deutschland zurück.

Art. 15 Abs. 2 DBA USA lautet:

"Ungeachtet des Absatzes 1 können Vergütungen, die eine in einem Vertragsstaat ansässige Person für eine im anderen Vertragsstaat ausgeübte unselbständige Arbeit bezieht, nur im erstgenannten Staat besteuert werden, wenn

a)

der Empfänger sich im anderen Staat insgesamt nicht länger als 183 Tage während des betreffenden Kalenderjahres aufhält und

b)

die Vergütungen von einem Arbeitgeber oder für einen Arbeitgeber gezahlt werden, der nicht im anderen Staat ansässig ist, und

c)

die Vergütungen nicht von einer Betriebsstätte getragen werden, die der Arbeitgeber im anderen Staat hat."

Der Kläger hat sich im Streitjahr 251 Tage und damit länger als 183 Tage in den USA aufgehalten.

c) Die auf die Tätigkeit des Klägers in den Vereinigten Staaten entfallenden Einkünfte sind nach Art. 23 Abs. 3 a) DBA USA von der Bemessungsgrundlage der deutschen Steuer ausgenommen.

Die betreffende Bestimmung lautet:

"(3) Bezieht eine in der Bundesrepublik Deutschland ansässige Person Einkünfte oder hat sie Vermögen und können diese Einkünfte oder dieses Vermögen nach diesem Abkommen in den Vereinigten Staaten besteuert werden oder sind nach Artikel 10 Absatz 3 (Dividenden) von der Steuer der Vereinigten Staaten befreit, wird die Steuer wie folgt festgesetzt:

a)

Soweit Buchstabe b nichts anderes vorsieht, werden die Einkünfte oder das Vermögen von der Bemessungsgrundlage der deutschen Steuer ausgenommen. Die Bundesrepublik Deutschland behält aber das Recht, die nach den Bestimmungen dieses Abkommens von der Steuer ausgenommenen Einkünfte und Vermögenswerte bei der Festsetzung ihres Steuersatzes zu berücksichtigen.

b)

Auf die deutsche Steuer vom Einkommen wird unter Beachtung der Vorschriften des deutschen Steuerrechts über die Anrechnung ausländischer Steuern die Steuer der Vereinigten Staaten angerechnet, die nach dem Recht der Vereinigten Staaten und in Übereinstimmung mit diesem Abkommen von den nachstehenden Einkünften gezahlt wurde."

Die streitigen Einkünfte werden gemäß Art. 23 Abs. 3 a) DBA USA von der Bemessungsgrundlage der deutschen Steuer ausgenommen, da sie nach dem DBA USA in den Vereinigten Staaten besteuert werden können.

d) Der Ausnahme der streitigen Einkünfte von der Bemessungsgrundlage der deutschen Steuer steht nicht die Bestimmung des Art. 23 Abs. 4 b) DBA USA entgegen. Denn die streitigen Einkünfte sind nach dem Einkommensteuerrecht der Vereinigten Staaten nicht steuerfrei.

Könnten die streitigen Einkünfte nach dem innerstaatlichen Steuerrecht der Vereinigten Staaten dort nicht besteuert werden, hätte dies für die Veranlagung dieser Einkünfte in Deutschland zur Folge, dass sie nicht von der Bemessungsgrundlage der deutschen Steuer auszunehmen wären. Zur Vermeidung einer Doppelbesteuerung käme die Anrechnungsmethode zum Ansatz. Da vom Kläger in den Vereinigten Staaten keine Steuern gezahlt wurden, wäre die Klage unbegründet.

In Art. 23 Abs. 4 b) DBA USA ist bestimmt, dass Einkünfte, die nach dem DBA USA von den Vereinigten Staaten besteuert werden können, jedoch nach deren innerstaatlichem Recht nicht steuerpflichtig sind, in Deutschland nicht von der Besteuerung freizustellen sind.

Die entsprechende Regelung in dem Abkommen lautet:

"b) Absatz 3 Buchstabe b und nicht Buchstabe a gilt für Einkünfte oder Vermögen, wenn die Vereinigten Staaten das Abkommen so anwenden, dass sie diese Einkünfte oder dieses Vermögen von der Besteuerung ausnehmen oder Artikel 10 Absätze 2 oder 3 (Dividenden) auf diese Einkünfte anwenden, oder wenn sie diese Einkünfte oder dieses Vermögen nach dem Abkommen besteuern können, durch ihr innerstaatliches Recht jedoch daran gehindert werden."

Die Geltung von Art. 23 Abs. 3 b) DBA USA hat zur Folge, dass keine Ausnahme der betreffenden Einkünfte von der Bemessungsgrundlage der deutschen Steuer erfolgt und die Anrechnung der in den Vereinigten Staaten gezahlten Steuer erfolgen kann. Demgegenüber bewirkt die Geltung von Art. 23 Abs. 3 a) DBA USA, dass die betreffenden Einkünfte von der Bemessungsgrundlage der deutschen Steuer ausgenommen werden und im Rahmen des Progressionsvorbehalts berücksichtigt werden können.

Nach der amtlichen Begründung zum Zustimmungsgesetz zum DBA-USA (BT-Drs. 16/2708, S. 39) ist damit der Fall gemeint, dass die Vereinigten Staaten Einkünfte nicht besteuern, weil diese Einkünfte nach ihrem Steuerrecht keine steuerpflichtigen Einkünfte sind. Nicht dagegen gilt die Bestimmung für Fälle der Steuerverkürzung (vgl. Wolff/Eimermann, IStR 2006, 837, 845).

Gemäß Sec 893 (a) des Internal Revenue Code (IRC) sind Vergütungen, die Beschäftigte bestimmter internationaler Organisationen im Sinne des Völkerrechts beziehen, von der Steuerpflicht in den Vereinigten Staaten ausgeschlossen.

Die Bestimmung (http://www.law.cornell.edu/uscode/html/uscode26/usc_sec_26_00000893--000-.html) lautet:

"Sec. 893. Compensation of employees of foreign governments or international organizations

(a) Rule for exclusion

Wages, fees, or salary of any employee of a foreign government or of an international organization (including a consular or other officer, or a nondiplomatic representative), received as compensation for official services to such government or international organization shall not be included in gross income and shall be exempt from taxation under this subtitle if -

(1) such employee is not a citizen of the United States, or is a citizen of the Republic of the Philippines (whether or not a citizen of the United States); and

(2) in the case of an employee of a foreign government, the services are of a character similar to those performed by employees of the Government of the United States in foreign countries; and

(3) in the case of an employee of a foreign government, the foreign government grants an equivalent exemption to employees of the Government of the United States performing similar services in such foreign country."

Der Begriff "international organization" nimmt Bezug auf Section 1 des International Organizations Immunities Act (Public Law 79-291 59 Stat. 669, H.R. 4489, enacted December 29, 1945), mit dem bestimmten internationalen Organisationen, in denen die Vereinigten Staaten mitwirken, besondere diplomatische Vorrechte, zu denen auch die Steuerfreiheit der an die Beschäftigten der internationalen Organisation gezahlten Gehälter gehört, eingeräumt werden.

Der Kläger hat keine Einkünfte von einer internationalen Organisation im Sinne der genannten Bestimmungen des Rechts der Vereinigten Staaten bezogen. Die Vereinigten Staaten sind bereits kein Mitglied der auf dem Übereinkommen zur Gründung einer Europäischen Weltraumorganisation (EWO) vom 30. Mai 1975 (BGBl. 1976 II S. 1862) beruhenden internationalen Organisation "European Space Agency (ESA)".

Der Kläger hat überdies seine Einkünfte nicht von der European Space Agency (ESA) sondern der X-GmbH, einem privaten Unternehmen, bezogen. Mit diesem Unternehmen bestand ein Arbeitsvertrag, es hat dem Kläger sein Gehalt gezahlt und auch den erforderlichen Lohnsteuerabzug vorgenommen.

Eine Ausnahme des Klägers von der Steuerpflicht in den Vereinigten Staaten kann nicht damit begründet werden, dass er über ein Visum verfügt hat, wie es üblicherweise nur Beschäftigten internationaler Organisationen ausgestellt wird. Denn nach Sec 893 (a) IRC ist die Steuerbefreiung nicht vom ausländerrechtlichen Status der Betreffenden, sondern von der Erfüllung materieller Voraussetzungen abhängig.

Ebenfalls führt die Tatsache, dass der Kläger im Auftrag seines Arbeitgebers X-GmbH für die ESA bei der NASA in den Vereinigten Staaten tätig geworden ist, nicht zur Anwendbarkeit des Sec 893 (a) IRC auf die streitigen Einkünfte. So wie Art. 34 des Wiener Übereinkommens vom 18. April 1961 über diplomatische Beziehungen vom 6. August 1964 (BGBl. 1964 II S. 959 ff.) und § 3 Nr. 29 EStG keine Freistellung für Zahlungen privater Dritter vorsehen, ist die Steuerfreiheit nach Sec 893 (a) IRC ersichtlich auf Vergütungszahlungen an Beschäftigte der ausländischen Regierung oder internationalen Organisation beschränkt.

Hinzuweisen ist darauf, dass im Falle des Gehaltsbezugs von der ESA von dieser eine organisationsinterne Steuer zu Gunsten der ESA erhoben worden wäre. Denn die ESA nimmt von der ihren Beschäftigten gezahlten Bruttovergütung den Abzug einer "internal tax" vor (vgl. Art. XVIII Abs. 1 der Anlage 1 - Vorrechte und Immunitäten zum Übereinkommen zur Gründung einer Europäischen Weltraumorganisation)

Danach kann festgestellt werden, dass die Vereinigten Staaten nicht durch ihr innerstaatliches Recht daran gehindert sind, die streitigen Einkünfte zu besteuern. Dies hat zur Folge, dass die streitigen Einkünfte dem Grunde nach gemäß Art. 23 Abs. 3 a) DBA-USA von der Bemessungsgrundlage der deutschen Steuer auszunehmen sind.

2. Die Freistellung der streitigen Einkünfte von der deutschen Steuer kann gleichwohl nicht erfolgen, da der Kläger nicht den von ihm nach § 50d Abs. 8 Satz 1 EStG zu erbringenden Nachweis, dass die Vereinigten Staaten auf ihr Besteuerungsrecht verzichtet haben, erbracht hat.

a) Der Anwendung des § 50d Abs. 8 Satz 1 EStG stehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken entgegen.

§ 50d Abs. 8 Satz 1 EStG lautet:

Sind Einkünfte eines unbeschränkt Steuerpflichtigen aus nichtselbständiger Arbeit (§ 19) nach einem Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung von der Bemessungsgrundlage der deutschen Steuer auszunehmen, wird die Freistellung bei der Veranlagung ungeachtet des Abkommens nur gewährt, soweit der Steuerpflichtige nachweist, dass der Staat, dem nach dem Abkommen das Besteuerungsrecht zusteht, auf dieses Besteuerungsrecht verzichtet hat oder dass die in diesem Staat auf die Einkünfte festgesetzten Steuern entrichtet wurden.

Die Rückfallklausel des § 50d Abs. 8 EStG soll verhindern, dass nach einem Doppelbesteuerungsabkommen von der Bundesrepublik Deutschland frei zu stellende Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit deshalb vollständig von einer Besteuerung frei bleiben, weil der Steuerpflichtige diese im Tätigkeitsstaat den Steuerbehörden nicht erklärt hat (vgl. amtliche Begründung, BT-Drucksache 15/1562, S. 39). Die Freistellung von Einkünften nach einem Doppelbesteuerungsabkommen wird nur gewährt, wenn der Steuerpflichtige nachweist, dass der andere Staat von seinem ihm zustehenden Besteuerungsrecht Gebrauch gemacht oder auf die Ausübung dieses Besteuerungsrechts verzichtet hat (vgl. Wagner in Blümich, EStG - KStG - GewStG, 105. Aufl., § 50d EStG Rz. 93; BFH-Urteil vom 5. März 2008 I R 54, 55/07, BFH/NV 2008, 1487).

Die Freistellung von Einkünften aus nichtselbständiger Tätigkeit bei der Veranlagung nach § 50d Abs. 8 EStG scheidet nicht erst dann aus, wenn positiv festgestellt wird, dass der Steuerpflichtige seine Einkünfte in dem anderen Staat den Finanzbehörden pflichtwidrig nicht mitgeteilt hat. Es ist nach dem klaren Wortlaut der Bestimmung insoweit ausreichend, dass der Steuerpflichtige nicht den Verzicht des anderen Staates auf sein Besteuerungsrecht oder die Entrichtung der festgesetzten Steuern nachweist. Für dieses Ergebnis spricht auch, dass neben der Unkenntnis des anderen Staates hinsichtlich der fraglichen Einkünfte ein Verzicht auf die Besteuerung auch aus anderen Gründen denkbar ist, etwa zur Wirtschaftsförderung (vgl. Frotscher, in Frotscher, EStG, § 50d EStG Rz. 179, Stand: 25.06.2010).

Die Anwendbarkeit des § 50d Abs. 8 Satz 1 EStG wird nicht durch § 2 AO ausgeschlossen. Als Bestimmung des einfachen Bundesrechts vermag § 2 AO keinen allgemeinen Vorrang von Völkervertragsrecht vor den innerstaatlichen Steuergesetzen zu begründen (vgl. FG Rheinland-Pfalz Urteil vom 30. Juni 2009 6 K 1415/09, EFG 2009, 1649 m. w. N., siehe auch Pahlke in Pahlke/Koenig, AO, 2. Aufl. 2009, § 2 Rn. 13).

Der Senat teilt nicht die verfassungsrechtlichen Bedenken, die im Hinblick auf ein Treaty Override gegen § 50d Abs. 8 EStG geltend gemacht werden (vgl. Gosch, IStR 2008, 413) und sieht keinen Anlass, an der Verfassungsmäßigkeit der Bestimmung zu zweifeln (vgl. FG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 30. Juni 2009 6 K 1415/09, EFG 2009, 1649 m. w. N.; eingehend: Jansen/Weidmann, IStR 2010, 596). Insoweit wird ergänzend auf die Ausführungen in der heutigen Senatsentscheidung im Verfahren 1 K 20/10 (3) zu § 50d Abs. 9 EStG verwiesen.

b) Der Kläger hat nicht den von ihm zu erbringenden Nachweis des Verzichts der Vereinigten Staaten auf ihr Besteuerungsrecht erbracht.

Wie obige Prüfung ergeben hat, sind die streitigen Einkünfte des unbeschränkt steuerpflichtigen Klägers aus nichtselbständiger Arbeit im Sinne von § 19 EStG nach Art. 23 Abs. 3 a) DBA USA von der Bemessungsgrundlage der deutschen Steuer auszunehmen.

Der Nachweis nach § 50d Abs. 8 EStG kann durch eine Erklärung der Finanzbehörden des anderen Staates, aus der sich ergibt, dass dieser auf sein Besteuerungsrecht verzichtet hat, geführt werden (vgl. Wagner in Blümich, § 50d EStG, Rz. 95). Ein Verzicht liegt nur dann vor, wenn der Staat in Kenntnis seines Besteuerungsrechts die fraglichen Einkünfte nicht besteuert (vgl. Frotscher, in Frotscher, EStG, § 50d EStG Rz. 179, Stand: 25.06.2010). Es sind Unterlagen vorzulegen, aus denen sich ein Verzicht ergibt. Dieser kann gegenüber Einzelpersonen, aber auch allgemein ausgesprochen worden sein (BMF-Schreiben vom 21. Juli 2005 IV B 1-S 2411-2/05).

Ein solcher Nachweis liegt nicht vor. Dem Vortrag des Klägers lässt sich bereits nicht entnehmen, dass er seine Einkünfte in den Vereinigten Staaten den Steuerbehörden erklärt hat (vgl. zur Notwendigkeit einer vollständigen Erklärung im anderen Vertragsstaat BFH-Beschluss vom 16. August 2010 I B 119/09, BFH/NV 2010, 2055). Er hat lediglich vorgetragen, dass er in den USA keine Steuern entrichtet hat, und eine Bescheinigung einer Steuerberaterin vorgelegt. Wenn lediglich eine Steuerberaterin konsultiert wird, aber keine Erklärung der Einkünfte gegenüber den Steuerbehörden erfolgt, können letztere nicht in Kenntnis ihres Besteuerungsrechts "verzichten".

Dem vom Kläger vorgelegten Schreiben einer amerikanischen Steuerberaterin kann nicht entnommen werden, dass die Finanzbehörden der Vereinigten Staaten auf ihr Besteuerungsrecht hinsichtlich der streitigen Einkünfte verzichtet hätten. Es enthält vielmehr eine allgemeine Darlegung der Steuerfreiheit der Bezüge von Beschäftigten internationaler Organisationen. Damit behandelt es nicht einen Verzicht auf ein bestehendes Besteuerungsrecht, sondern enthält vielmehr Ausführungen zu Sachverhalten, bei denen die Vereinigten Staaten durch ihr innerstaatliches Recht an der Besteuerung gehindert werden. Weiter heißt es in dem Schreiben, dass aus der Tatsache, dass dem Kläger ein G-4 Visum erteilt worden sei, folge, dass er ein Beschäftigter einer internationalen Organisation sei. Dies ist, wie bereits ausgeführt, unzutreffend. Ein Verzicht der Vereinigten Staaten auf ihr Besteuerungsrecht ist damit nicht nachgewiesen.

Ein Verzicht der Vereinigten Staaten auf ihr Besteuerungsrecht ist auch nicht durch das vom Kläger vorgelegte "G-4 Visum" nachgewiesen. Wenn eine Auslandsvertretung der Vereinigten Staaten einem Ausländer ein bestimmtes Visum erteilt, wird kein Verzicht auf das Besteuerungsrecht erklärt.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.

Die Revision wird gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zugelassen, da sie grundsätzliche Bedeutung hat. Die Bedeutung der durch das Verfahren aufgeworfenen Streitfragen geht über den Einzelfall hinaus.